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Wohnen im Wandel

Was ist gewerbliches Wohnen?

Unter gewerblichem Wohnen versteht man zeitlich begrenzte Mietmodelle in sogenannten Serviced Apartments. Diese Wohneinheiten sind in der Regel vollständig ausgestattet, inklusive Kochgelegenheit und Kühlschrank. Zudem gibt es oftmals auch weitere Annehmlichkeiten wie Reinigung, Concierges oder ein Fitnessstudio. Die Aufenthaltsdauer beträgt in der Regel zwischen einem und sechs Monaten. Unterschiede gibt es im Ausstattungs- und Service- Level sowie in den gemeinschaftlich genutzten Räumen. Während einige Modelle auf möglichst viel Privatsphäre und Individualität ausgerichtet sind, bieten andere Anbieter bewusst Gemeinschaftsräume an, um den Bewohnern die Möglichkeit zu geben, sich kennenzulernen und zu vernetzen. In diesem Falle spricht man von Co-Living.

Wer ist die Zielgruppe?

Das Angebot richtet sich vor allem an Menschen, die vorübergehend in eine Stadt umziehen, etwa im Rahmen eines zeitlich begrenzten Projektes oder einer Weiterbildung, oder als Übergangslösung für diejenigen, die in einer neuen Stadt auf der Suche nach einem festen Wohnsitz sind. Etwa 65% der Nutzer von Serviced Apartments sind Geschäftsreisende. Auszubildende, Studenten und Digital Nomads können ebenfalls zur Zielgruppe gehören.

Wo liegen die Vorteile?

Das Konzept des gewerblichen Wohnens vereint mehrere Vorteile: Serviced Apartments sind günstiger als Hotels und bieten die Möglichkeit der Selbstversorgung, was dieses Modell für längere, aber zeitlich begrenzte Aufenthalte attraktiv macht. Neuankömmlinge wiederum können so in einer neuen Stadt erst einmal Fuß fassen und sich dann vor Ort auf die Suche nach einer permanenten Behausung machen, was etwa Wohnungsbesichtigungen deutlich vereinfacht. Das Modell spiegelt somit auch die zunehmende Mobilität der Berufstätigen sowie die Flexibilisierung der Lebensentwürfe wider.

Auch aus Sicht von Projektentwicklern sind Serviced Apartments aus mehreren Gründen vorteilhaft. Ein Hauptvorteil liegt darin, dass diese Wohneinheiten auch dort errichtet werden können, wo dauerhaftes Wohnen nicht gestattet ist, etwa in ausgewiesenen Gewerbegebieten. Planungsrechtlich bewegen sich Serviced Apartments zwischen Wohnen und Beherbergung und somit in einem flexibleren regulatorischen Rahmen. Zudem liegen die Preise und somit auch die erzielbaren Margen deutlich über dem regulären Wohnungsmarkt, nicht zuletzt auch deshalb, weil gesetzgeberische Instrumente wie Mietspiegel oder Mietpreisbremsen in diesem Segment nicht greifen.

Städte mit angespanntem Wohnungsmarkt wiederum profitieren davon, dass temporäre Bewohner nicht in den regulären Wohnungsmarkt drängen. Anders als bei Apartments, die über Airbnb & Co. vermietet werden, findet hier keine Abwanderung von regulärem Wohnraum in den touristischen Sektor statt. Serviced Apartments können somit einen Beitrag zur Entspannung in angespannten Wohnungsmärkten beitragen. Ein weiterer Pluspunkt: Gebäude, die nicht mehr in die Zeit passen – etwa ältere Bürogebäude – können aufgrund der flexibleren Regulatorik leichter zu Serviced Apartments als etwa zu regulären Wohnungen umfunktioniert werden. Wie wir schon in einem unserer letzten Beiträge erläutert haben, kann eine derartige Umnutzung von Bestandsimmobilien einen Beitrag zur höheren Nachhaltigkeit im Immobiliensektor liefern.

Wie entwickelt sich der Markt?

In den letzten Jahren sind Serviced Apartments vor allem in stark nachgefragten Ballungszentren wie Pilze aus dem Boden geschossen. Ende 2022 gab es in Deutschland rund 45.000 solcher Apartments, darunter alleine 6.700 in Berlin. Marktbeobachter gehen davon aus, dass dieser Trend auch längerfristig anhält. Durch den Wandel der Arbeitswelt hin zu Remote Work ist ein Arbeitsplatzwechsel nicht mehr zwingend mit einem dauerhaften Umzug verbunden, während längere Aufenthalte am Arbeitsort aber mitunter noch erforderlich sind. Hinzu kommt, dass Wohnraum in den Ballungsgebieten auf absehbare Zeit eine knappe Ressource bleiben wird. Bis 2030 gehen Experten von einer Steigerung auf 80.000 bis 85.000 Serviced Apartments aus.

Was muss ich beachten?

Trotz des projizierten Wachstums will eine Investition in dieser Assetklasse wohl durchdacht sein. Die Tatsache, dass der Markt weniger stark reguliert ist, als etwa der Wohnungs- oder der Beherbergungsmarkt, hat auch Nachteile. So entscheiden Kommunen bislang nicht nach einheitlichen Kriterien, sondern nach individuellen Abwägungen über die Genehmigung, was eine enge Abstimmung mit den Behörden vor Ort erfordert.

Zudem gibt es, anders als bei Hotels mit dem Sterne-System, noch keine allgemeinen Bewertungsmaßstäbe. Die qualitative Bandbreite ist sehr groß. Die große Vielfalt macht es schwierig für Kreditgeber, ein Projekt realistisch zu bewerten. Die Fragen, die auch bei Hotelprojekten relevant sind, stellen sich beim gewerblichen Wohnen in verschärfter Form: Wer ist die Zielgruppe? Passt die Lage? Welche Auslastung ist zu erzielen, und zu welchem Preis? Und schließlich, in Anbetracht der Diversität unter den Betreibern: ist der Betreiber solvent genug, und besitzt er ausreichend Erfahrung mit diesen Projekten?

Werden all diese Aspekte mit entsprechender Expertise berücksichtigt, kann eine Investition in der Assetklasse gewerbliches Wohnen in der Tat zur Erfolgsgeschichte werden. In diesem Segment zeigt sich zudem sehr schön die Kreativität der Immobilienbranche: Um das Maximum aus einem Standort herauszuholen, kann es sich lohnen, ausgetretene Pfade zu verlassen. Wollen auch Sie Standorte neu denken? Dann kommen Sie auf uns zu – wir stehen mit unserer Finanzierungserfahrung bereit, um Sie bei diesem Denkprozess  zu begleiten. Gern stellen wir Ihnen dabei passende mögliche Finanzierungspartner vor.