Fünf innovative Konzepte zur erfolgreichen Umnutzung von Büroimmobilien
Die Arbeitswelt ist im Wandel: Wo früher Heerscharen von Angestellten tagein, tagaus zu ihren Büros pilgerten, dominiert heute vielerorts Remote Work. Auch wenn manch ein Arbeitgeber dazu übergeht, seine Angestellten wieder vermehrt an den Standort zu beordern, und auch wenn neue Büros in Spitzenlagen noch immer gut nachgefragt werden, so ist doch augenscheinlich, dass es kein Zurück zur ausschließlichen Präsenzarbeit gibt. Die Folge: geringerer Flächenbedarf und mehr Leerstand.
Quellen: Colliers, Berechnungen des ifo Instituts (in: ifo Schnelldienst 3 / 2024 77. Jahrgang 13. März 2024)
Zudem entsprechen die in die Jahre gekommene Büroimmobilien nicht mehr den neuesten ESG-Kriterien und die Anforderungen an Büros selbst haben sich auch gewandelt– nun sind etwa flexiblere Flächennutzung oder mehr Interaktionsflächen gefragt.
All das führt zu Wertminderungen in der Assetklasse Büro und zu Zurückhaltung bei Finanzierern. So ermittelten BF.direkt und Bulwiengesa in ihrem Quartalsbarometer einen Rückgang der Finanzierungsbereitschaft bei Büroprojektentwicklungen von 81,8 Prozent in Q3 2022 auf 39,4 Prozent in Q3 2024. Es stellt sich also die Frage: Was tun mit all den Gebäuden? Abreißen und neu bauen ist zwar ein möglicher Weg, widerspricht aber dem Nachhaltigkeitsgedanken. Hier sehen Sie fünf Beispiele, die zeigen, wie es besser gehen kann:
1. Wohngebäude: Thyssen-Zentrale Düsseldorf, Bürostadt Niederrad
Bürofläche ist im Überfluss vorhanden, Wohnraum ist knapp – was wäre also naheliegender, als Büros zu Wohneinheiten umzubauen? In der Tat finden sich aus den letzten Jahren zahlreiche Beispiele gelungener Umnutzungen in Wohnimmobilien. So wurde die ehemalige Hauptverwaltung von Thyssen in Düsseldorf zu einem Quartier mit 343 Wohnungen nebst Kita und Supermarkt umfunktioniert. In Frankfurt wurde mit der ehemaligen Bürostadt Niederrad, die heute als Lyoner Quartier bekannt ist, gar ein gesamtes Gewerbegebiet mit einer Größe von 144 Hektar zum Mischgebiet umgewandelt. Insgesamt sollen so rund 4.000 neue Wohneinheiten entstehen. Insbesondere in Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt können solche Umnutzungen daher einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Wohnungsnot leisten.
2. Rechenzentren: Neckermann-Zentrale, Frankfurt-Fechenheim
Ob ein ehemaliges Bürogebäude zur Wohnimmobilie umgestaltet werden kann, hängt von vielen Faktoren ab, darunter auch der Lage und Beschaffenheit der Liegenschaft. In manchen Fällen können andere Arten der Weiternutzung erfolgversprechender sein. Nur wenige Kilometer von Niederrad entfernt, im Frankfurter Stadtteil Fechenheim, wurde für die ehemalige Neckermann-Zentrale eine andere Lösung gefunden. Dort entsteht derzeit ein neuer Campus mit elf Rechenzentren. Die denkmalgeschützte Fassade des ehemaligen Hauptgebäudes bleibt erhalten, das Innere wird kernsaniert. Schöner Nebeneffekt: die Abwärme, die beim Serverbetrieb entsteht, kann ins Fernwärmenetz eingespeist werden und bis zu 3.500 Wohnungen mit Wärme versorgen.
3. Schule: Unitymedia-Zentrale, Köln-Müngersdorf
Wie wir bereits in einem unserer letzten Beiträge erläutert haben, gibt es im Bereich Schulimmobilien einen erheblichen Investitionsrückstau. Kommunen sind daher auf kreative Lösungen angewiesen, um dem Bedarf gerecht zu werden. Leerstehende Büroimmobilien können auch hier Abhilfe schaffen. In Köln, wo der Schulnotstand besonders groß ist, hat im vergangenen Jahr ein Gymnasium den Schulbetrieb in der ehemaligen Unitymedia-Zentrale in Müngersdorf aufgenommen. Nach umfangreichen Umbaumaßnahmen – unter anderem mussten Pausenflächen geschaffen und neue Brand- und Schallschutztechnik installiert werden – werden dort aktuell bereits 317 Schülerinnen und Schüler unterrichtet.
4. Seniorenwohnheim, Frankfurt-Westend
Auch beim Seniorenwohnen gibt es eine immer größer werdende Angebotslücke. Diese kann zumindest zum Teil ebenfalls durch bestehende Büroimmobilien geschlossen werden. Wichtig ist hierbei eine zentrale Lage mit guter Anbindung an den ÖPNV, an Einkaufs- und Kulturstätten sowie an medizinische Versorgung. Ein weiteres Mal zeigt Frankfurt, die Stadt mit der höchsten Bürodichte Deutschlands, wie es gehen kann. Im Westend wird derzeit ein Bürogebäude aus den 1980er Jahren zu einer Luxus-Seniorenresidenz umgebaut, die 2026 ihre Pforten öffnen soll.
5. Co-Working-Space, Lietzow/Rügen
Der Wandel der Arbeitswelt hat nicht zuletzt ein neues Arbeitsmodell in seiner Entstehung begünstigt – die „Workation“, die Verbindung von Arbeit und Erholung an einem Ort. Dies bietet Möglichkeiten für die Umgestaltung nicht mehr benötigter Büroimmobilien. Auf der Insel Rügen etwa wurde ein ehemaliges Callcenter in einen Co-Working-Space verwandelt, der nicht nur ergonomische Arbeitsplätze mit Blick aufs Wasser, sondern auch Gemeinschaftsräume sowie Übernachtungs- und Entspannungsmöglichkeiten bietet.
All diese Einzelbeispiele zeigen, dass es keine One-Size-Fits-All-Lösung gibt und eine Umnutzung von Büroimmobilien stark lage- und objektabhängig ist. Projektplaner müssen sich zudem auf zahlreiche mögliche Stolperfallen einstellen. Dies betrifft etwa die Energie- und Wärmeversorgung. Auch Lärm- und Brandschutz müssen beachtet werden – hier gelten für Wohnungen und Schulen etwa strengere Vorschriften als für Büros. Zwar gibt es bereits Ansätze zur seriellen Sanierung, es wird aber ein viel breiterer Fächer an Lösungen benötigt, um Gebäude nachhaltig und profitabel umzufunktionieren. Nicht zuletzt müssen auch die Entscheidungsträger vor Ort überzeugt werden, da eine Umnutzung entsprechende Genehmigungen erfordert. Dies kann insbesondere bei innovativen Konzepten zum Problem werden, wenn keine Präzedenzfälle vorliegen.
Neben planungs- und baurechtlichen Risiken müssen auch Baurisiken selbst mitgedacht werden. Wie gut die Bausubstanz tatsächlich noch ist und wie hoch der Sanierungsbedarf ausfällt, kann im Vorfeld oft nur schwer abgeschätzt werden. Viele Banken sind folglich bei der Finanzierung skeptisch. Eine gewisse Risikobereitschaft sollte daher auch auf der Kapitalgeberseite vorhanden sein – ohne Risikokapital geht es nicht.
Gleichzeitig gilt natürlich die alte Regel, dass ein höheres Risiko auch die Renditespanne erhöht. Mutige Investoren können so nicht nur hohe Erträge erzielen, sondern sich auch an architektonisch spannenden Projekten beteiligen und einen Beitrag zu einer nachhaltigen Weiternutzung der vorhandenen Bausubstanz leisten. Wir bei hypcloud begleiten Sie gerne mit unserer Expertise bei diesem Prozess – sprechen Sie uns einfach an!